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Rechtliche Schritte für den Verkauf eines Indie-Spiels in Deutschland: Gewerbe & Steuern

Verfasst: 12.10.2024, 16:15
von Arktikus
Hallo!

Ich bin momentan dabei ein Spiel zu entwickeln und ein Ziel von mir wäre es dieses letztendlich auf Steam zu veröffentlichen.

Ich mache das ganze Hobby mäßig und habe nebenbei einen Job den ich auch normal so weiterführen möchte (momentan in der Ausbildung).

Es wäre aber natürlich schön das Spiel für ein paar Euro anzubieten (1-5€) und etwas Geld nebenbei zu verdienen. Nach dem erkundigen wie das in Deutschland abläuft bin ich allerdings ziemlich abgeschreckt worden von den Hürden die einem hier gestellt werden.

Wenn ich das ganze richtig verstanden habe muss ich ein Gewerbe anmelden und dafür eine kleine Gebühr von 30-60€ bezahlen. Dann alles aufbewahren und dokumentieren an Einnahmen/Ausgaben und auf einer Steuererklärung das ganze dort dann angeben.

Sofern ich mit den Einnahmen nicht über eine gewissen Wert komme gilt die Kleinunternehmerregelung und erleichtert mir einiges an zusätzlicher Arbeit.

Das ist jedoch trotzdem einiges an Aufwand, erstrecht falls das Spiel diese Grenze überschreiten sollte. Da gehe ich dann noch andere „Gefahren“ ein, wenn ich z.B. mehr verdiene mit dem Spiel als mit meinem Hauptberuf. Dann wäre nämlich mein Beruf steuerlich gesehen die Nebentätigkeit, sofern ich dies richtig verstanden habe und ich verliere z.B. meine Arbeitslosenversicherung.

Konnte hierzu wenig finden (im Deutschen Raum) und wollte mal fragen, ob mir da wer seine Erfahrungen mitteilen kann und erklären kann wie das ganze so abläuft (oder Links zu passenden Beitragen schicken kann).

So viel Aufwand demotiviert mich dann schon etwas mein Spiel für Geld zu verkaufen. Erstrecht, weil ja unklar ist wie viel Geld ich damit machen würde. Wenn ich z.B. nur 5€ mache, hätte ich dann ja trotzdem den Aufwand und ein Gewerbe am laufen.

Lg Arktikus

Re: Rechtliche Schritte für den Verkauf eines Indie-Spiels in Deutschland: Gewerbe & Steuern

Verfasst: 12.10.2024, 17:24
von Schrompf
Moin,

a) Du brauchst nur irgendne Rechtsform für Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Da rate ich von nem Gewerbe ab und empfehle die minimalere Version des Freiberuflers. Den machst Du *nur* mit Deinem Finanzamt aus. Das Gewerbeamt erfährt davon nichts. In D gibt es eigentlich gewisse Regeln, ab wann Du ein Gewerbe brauchst, aber die sind nur durch Präzedenzurteile und Gewohnheit festgelegt, nicht juristisch. Wenn Du das Gewerbeamt fragst, sagt das natürlich, dass das ganz sicher ein Gewerbe ist, aber wenn Du es nicht fragst, kannst Du einige Jahre lang Freiberufler bleiben.

Das ist juristisch immer noch ein Einzelunternehmen, das ist ok.

b) Frag Deinen Arbeitgeber. Das ist definitiv ne Nebentätigkeit. Und mach Dir keine Sorgen, ob und wo Du Grenzen überschreitest - nach meinem Wissen wirst Du nie rückwirkend erlegt. Du musst nur immer artig auf der Steuererklärung alles ausweisen, dann ist ok.

c) Wie das mit Neben- und Haupttätigkeit funktioniert, weiß ich auch nicht. Aber wenn Du jemals in die Verlegenheit kommst, paar zehntausend Euro zu verdienen, kannst Du Deinen Beruf ja auch einfach sein lassen. Dann ist es auch wieder klar.

d) Kleinunternehmer ist nur ne Regelung für Umsatzsteuer. Mach das auf jeden Fall, Du wirst höchstwahrscheinlich Zeit Deines Lebens unter der Grenze bleiben. Wirkung ist nur, dass Du keine Umsatzsteuer auf Deine Einnahmen zahlst (und die weist man ja einfach auf der Rechnung aus, die kostet Dich eh nix) und dass Du von Deinen Ausgaben für die Firma auch keine Umsatzsteuer zurückfordern kannst. Aber da man als Softwerker eh kaum Ausgaben hat, ist das kein großer Verlust.

e) Ne grundlegende Buchführung musst Du auf jeden Fall machen. Für die kleinen Rechtsformen reicht ne Einnahme-Überschuss-Rechnung, also banal "plus Einnahme, minus Ausgabe". Und wenn Du das nur nebenher machst, kommt da nicht viel. Fügst Du am Ende des Jahres Anlage N odr so zur Steuererklärung hinzu und fertig.

f) Du hast noch nicht aufm Schirm, dass Du Einnahmen höchstwahrscheinlich aus den USA kriegst, also nicht-EU-Ausland. Du hast "1-5€" genannt, also wahrscheinlich keine Mobile AppStores, sondern Steam oder so. Stimmt das? Denn daraus ergibt sich Zusatz-Ärger: Du brauchst ein Fremdwährungskonto, damit Du US$ annehmen kannst, und das hat saftige Kosten und ist ein Königlicher Schmerz Im Arsch (tm). Außerdem musst Du dann ne TaxID in den USA kriegen, das ist ein kleiner Tanz mit nem gut getimten Anruf bei der USA-Steuerbehörde am Ende. Die ganze Welt muss das tun, das ist also nen gut etablierter Prozess, aber man muss es halt einmalig durchtanzen.

Re: Rechtliche Schritte für den Verkauf eines Indie-Spiels in Deutschland: Gewerbe & Steuern

Verfasst: 12.10.2024, 20:13
von antisteo
Ich stimme Schrompf voll und ganz zu.

Ich will noch 2 Sachen ergänzen:

Erstens:

Für gewerbliche Einnahmen, die freiberuflich erfolgen, musst du dich nur bei Finanzamt anmelden, dann schicken die dir die Unterlagen dazu zu. Solange du unter 500.000 € bleibst, musst du nur eine EÜR machen, d.h. du meldest einmal pro Jahr die Differenz zwischen deinen Einnahmen und Ausgaben, daraus errechnet sich dann dein Einkommenssteuer-Satz. Bist du unter 21.000 € pro Jahr, solltest du zusätzlich die Kleinunternehmerregelung beantragen, ansonsten musst du zusätzlich jeden Monat deine Umsätze melden und noch 16% abführen (du gibst den Netto-Umsatz an und die schlagen 19% drauf, das muss die Summe deiner Einnahmen ergeben) abzüglich der Vorsteuern (die Vorsteuer steht auf jedem Kassenzettel und jeder Rechnung drauf, die addierst du einfach)

Wenn deine Einnahmequelle (Steam) im Nicht-EU-Ausland sitzt, ist es ganz einfach, dann zahlst du 0% Umsatzsteuer. Sitzt deine Einnahmequelle im EU-Ausland, zahlst du auch keine Steuern, musst aber die Einnahmen anders angeben (innergemeinschaftlicher Erwerb und so)

Zweitens:

Wenn es eine einmalige Aktion ist, du nicht noch weitere Spiele verkaufst und die Verkäufe keine Regelmäßigkeit ergeben, sondern es eine einmalige Ausschüttung ist (z.B. ein Lottogewinn), ist es sogar komplett steuerfrei und du musst es auch nirgends angeben. Das würde ich aber abklären lassen. Solange die eingenommene Summe unter 1.000 € liegt, würde ich einfach nichts anmelden. Da lohnt sich weder ein Steuerberater noch der Streit mit dem Finanzamt. Das ist quasi wie Flohmarkt-Einnahmen. Rückwirkend anmelden, wenn man am 31.12. darüber gekommen ist, geht immer.

Am sichersten ist, du sammelst das Geld erst mal auf deren Verrechnungskonto an und sobald die erste Auszahlung kommt, machst du dir Gedanken über die Versteuerung.

Re: Rechtliche Schritte für den Verkauf eines Indie-Spiels in Deutschland: Gewerbe & Steuern

Verfasst: 14.10.2024, 22:16
von Arktikus
Danke euch beiden für die Antwort!

Hat mir auf jeden Fall schon mal sehr weitergeholfen :)