Frage zur Riemannschen Zeta-Funktion

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BeRsErKeR
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Frage zur Riemannschen Zeta-Funktion

Beitrag von BeRsErKeR »

Ich weiß das hier ist kein Mathe-Forum, aber ich möchte mich nun nicht irgendwo anmelden und vielleicht kann mir hier ja auch wer weiterhelfen. Und zwar bin ich etwas verwirrt über das Ergebnis von zeta(0). Angeblich ist dies -1/2. Das ganze folgt aus der Funktionalgleichung und Eulers Formel für gerade natürliche Zahlen als Argument. Soweit versteh ich das ganze noch. Es gilt ja zeta(1 - k) = -(B_k / k), wobei B_k die k-te Bernoulli-Zahl ist. Im Fall von zeta(0) also -(B_1 / 1). Hier finde ich schon komisch, dass das Ergebnis eigentlich 1/2 und nicht -1/2 sein müsste, da die 1-te Bernoulli-Zahl -1/2 ist. Aber da hab ich sicher einen Denkfehler bzw. das Vorzeichen ist Auslegungssache.

Was mich aber viel mehr interessiert ist Folgendes:

1. In der normalen Schreibweise der Zeta-Funktion, sprich zeta(s) = Summe_von_1_bis_inf(1/n^s), wäre mit s = 0 doch n^s stets 1, da n^0 = 1 gilt. Das würde für mich aber bedeuten, dass zeta(0) = 1 + 1 + 1 + ... = inf ist. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?

2. Noch kurioser wird es wenn ich nur die Funktionalgleichung betrachte. Ich versuche es mal halbwegs übersichtlich aufzuschreiben:

zeta(1 - s) = (2/(2pi)^s) * cos(pi*s/2) * gamma(s) * zeta(s)

Für alle ungeraden natürlichen s größer-gleich 3 ist das Ergebnis 0, da dann der Kosinus jeweils 0 wird. Dies entspricht dann zeta(-2), zeta(-4), zeta(-6), usw (die trivialen Nullstellen der Zeta-Funktion). Wenn ich hier aber für s den Wert 1 einsetze erhalte ich ja wieder zeta(0) und der Kosinus ist ebenfalls 0. Daher folgt hier doch, dass zeta(0) = 0 gilt. Nun bin ich völlig verwirrt. Wo ist da mein Denkfehler? Soweit ich gelesen habe gilt diese Funktionalgleichung ausnahmslos für alle s der komplexen Zahlen. [Anmerkung: Das würde auch für zeta(2), zeta(4), usw gelten, indem ich z.B. -1, -3, -5, usw für s einsetze. Bei geraden natürlichen Argumenten sind aber Lösungen bekannt, die ungleich 0 sind.]

Edit: Zu 2. habe ich die Vermutung, dass ich das ganze in Hinblick auf einen Grenzwert betrachten muss, da zeta(1) gegen unendlich strebt. zeta(0) würde dann aber mMn eher gegen 1/pi streben.


Danke für Hinweise.
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eXile
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Re: Frage zur Riemannschen Zeta-Funktion

Beitrag von eXile »

BeRsErKeR hat geschrieben:In der normalen Schreibweise der Zeta-Funktion, sprich zeta(s) = Summe_von_1_bis_inf(1/n^s), wäre mit s = 0 doch n^s stets 1, da n^0 = 1 gilt. Das würde für mich aber bedeuten, dass zeta(0) = 1 + 1 + 1 + ... = inf ist. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?
Nach Wikipedia gilt diese Definition der Zeta-Funktion nur für s mit Realanteil größer 1.
Zu 2. habe ich die Vermutung, dass ich das ganze in Hinblick auf einen Grenzwert betrachten muss, da zeta(1) gegen unendlich strebt.
Korrekt, genauer gesagt ist zeta(1) nicht definiert. Mathematiker lassen es gerne mal bleiben, zu sagen, dass diese Identität nur gilt, wenn tatsächlich beide Seiten der Gleichung auch definiert sind. Bei der Umformung der Funktionalgleichung auf Wikipedia wird der Definitionsbereich auch im Anschluss angegeben (nämlich alle komplexen Zahlen außer 0 und 1). Wenn dort steht, dass es eine „Identität zwischen meromorphen Funktionen“ ist, so sind gemäß der Definition von Meromorphie die Polstellen ausgenommen; an diesen muss die Identität nicht gelten.

Um zeta(0) zu berechnen, bemühe mal eine analytische Fortsetzung wie hier.
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BeRsErKeR
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Re: Frage zur Riemannschen Zeta-Funktion

Beitrag von BeRsErKeR »

Vielen Dank!
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Bergmon
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Re: Frage zur Riemannschen Zeta-Funktion

Beitrag von Bergmon »

Hi,

die Dirichlet Eta-Funktion hat an der Stelle 0 den Wert 0.5, also Eta(0) = 1/2.

Wenn du dich für die Zeta-Funktion interessierst, bekommst du den gesamten Konvergenzbereich der Zeta-Funktion aus der Eta-Funktion plus der Funktionalgleichung, welche du schon erwähnt hast. Das liegt daran, weil alle Partialsummen der Koeffizienten dieser Dirichlet-Reihe beschränkt sind (Koeffizienten für die Eta-Funktion sind 1,-1,1,-1,....) und damit die Eta-Funktion auf Re(z)>0 konvergiert.

Und zusammen mit der Funktionalgleichung

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Eta(z) = (1-2^(1-z))Zeta(z)
folgt

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Zeta(0) = (1-2^(1-0))^-1 Eta(0) = -1/2
Soweit ich weiß, hat Euler damals den Wert für Eta(0) berechnet, in dem er von der geometrischen Reihe ausgegangen ist:

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1/(1-x) = sum_{n=0}^\infty x^n
und damit

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1/2 = 1/(1+(-1)) = sum_{n=0}^\infty (-1)^(n) = sum_{n=1}^\infty (-1)^(n+1) = Eta(0)
als Grenzwert x->-1 aufgefasst.

Alternativ kann man auch nach der Ableitung des Logarithmus Ln(1+x) an der Stelle 1 fragen. Ich hoffe das war jetzt nicht zuviel, doch es ist schon ganz gut, wenn man weiß, wo die Werte herkommen.

Viele Grüße
Bergmon
Zuletzt geändert von Bergmon am 14.03.2012, 18:11, insgesamt 3-mal geändert.
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BeRsErKeR
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Re: Frage zur Riemannschen Zeta-Funktion

Beitrag von BeRsErKeR »

Ich bin mir gerade nicht sicher was du mit Eulersche Eta-Funktion meinst. Mir ist nur die Eulersche Phi-Funktion oder die Dirichletsche Eta-Funktion bekannt. Bzw was anderes konnte ich nicht finden. Die Dedekindsche Eta-Funktion wirst du wahrscheinlich nicht meinen.
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Bergmon
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Re: Frage zur Riemannschen Zeta-Funktion

Beitrag von Bergmon »

Ja stimmt, ich meinte mit Euler-Eta die Dirichlet-Eta. Euler hat kannte sie auch schon (alternierende harmonische Reihe). Deswegen nannte ich sie spontan Euler-Eta doch es müsste dann wahrscheinlich Euler-Zeta heißen :D. Also wie auch immer, ich meinte die Dirichlet-Eta.
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