Tiles hat geschrieben: ↑01.07.2021, 10:02
Das fällt halt alles unter Hausrecht und offener Marktwirtschaft. Da ist schwierig ranzukommen. Und der Marktdruck hat eben die nicht so tollen Anbieter verdrängt. Da haben die User schlicht mit den Füssen abgestimmt.
Was ich übrigens für gar nicht mal so schlecht halte. Klar könnte man an ein paar Stellschrauben nachregeln wie es zum Beispiel schon mal mit den Browsern auf Windows passiert ist. Grenzen setzen eben. Das passiert ja auch in unserer Marktwirtschaft. Und wir haben schon funktionierende Monopolgesetze.
Aber ich mag mir gar nicht ausmalen wenn die Jungs und Mädels die zum Beispiel für den Jugendschutz verantwortlich zeichnen auch noch bestimmen dürfen was die Leute an Software nutzen dürfen und was nicht. Noch gar nicht so lang her da war der Pixelshooter Doom auf dem Index. Oder Open Source Fanatiker die grundsätzlich alles proprietäre für Böse halten. Oder andersrum, proprietäre Anbieter denen Open Source ein Dorn im Aug ist. Oder machtgeile Politiker wie Putin, Orban oder Trump. Oder ...
Was dabei rauskommt wenn man "regulatorisch" eingreift haben wir ja nun bei der DSGVO und dem Leistungssschutzgesetz gesehen. Die schlechteste aller Lösungen nämlich. Die bei der der User der Gelackmeierte ist.
Nene, lasst den Markt mal besser den Markt regeln. Wir hier haben ja das Glück dass wir nicht nur User sind, sondern auch Entwickler. Es liegt in unserer Hand was zu ändern ;)
Ich finde nicht, dass man behaupten kann, das unsere Gesetze Monopole funktionierend verhindern. Ein klassisches Monopol wäre ja zum Beispiel, wenn alle Tankstellen einem einzigen Konzern gehören und man also keine Auswahl mehr hat, wo man tankt. Wenn es jetzt stattdessen aber 5 große und eine Reihe kleiner Konzerne gibt, hat man kein Monopol mehr, sondern hat die Wahl zwischen verschiedenen Tankstellen. Aber die Situation in der wir heute leben ist eben, dass es zwar verschiedene Tankstellenbesitzer ist, dein Auto aber nur mit einem davon kompatibel ist. Du hast zwar ganz am Anfang einmal eine Wahl, welches Auto du kaufen willst und zu welchen Tankstellen du damit fahren kannst, aber danach ist es halt vorbei mit der Wahl und die Situation ist faktisch identisch zur vorherigen Monopolsituation.
Nächstes Beispiel: Es gibt verschiedene Telefonanbieter, also kann ich mir überlegen mit wem ich meinen Vertrag machen will. Aber ich kann trotzdem noch mit jedem anderen telefonieren, unabhängig davon, mit wem er seinen Vertrag hat. Soweit alles gut. Man stelle sich mal vor wie bescheuert es wäre, wenn man als O2 Kunde nicht mehr mit Telekomkunden telefonieren könnte. Aber Moment mal, genau diese Situation hat man ja bei Facebook und WhatsApp. Ich kann mir nicht überlegen, welches soziale Netz ich am coolsten finde, entweder benutze ich das, was all meine Freunde benutzen, oder ich bin ganz alleine in meinem sozialen Netz. Es ist albern zu behaupten, dass man eine Wahl hätte.
Gegenbeispiel EMail: Ein dezentrales System. Willst du mit deinen Daten bezahlen nimmst du halt Google, willst du das nicht nimmst du sowas wie Posteo.
Also: Es gibt faktisch Monopole, wenn vielleicht auch nicht nach der ganz ursprünglichen Definition, dann doch zumindest nach jeder sinnvollen Definition. Der normale Benutzer hat keine Wahl.
Was ich in Hinblick auf Regulierung jetzt meine ist ja gerade, dass sichergestellt wird, dass Nutzer weniger eingeschränkt werden. Es geht genau nicht darum, irgendjemanden vorzuschreiben, welche Software er zu benutzen hat, es geht darum, dass jeder wirklich eine reale Wahl hat, was er benutzen will. Ich will eine Datenkrake wie Google nicht verbieten (nagut, prinzipiell wäre ich auch nicht dagegen, aber egal^^), sondern sicherstellen, dass man sich auch dagegen entscheiden kann. Ich bin nicht gegen proprietäre Software, aber Schnittstellen müssen halt offen und für jeden Zugänglich sein. Und wenn dein Geschäftsmodell nicht funktioniert, ohne dass du Nutzer zu Sklaven hast, dann halte ich es für vollkommen gerechtfertigt, wenn du damit auch kein Geld verdienst.
Zum letzten Punkt, "lass das mal den Markt regeln". Ne, auch da kann ich so nicht zustimmen. Wir haben eben ein Monopol, der Markt wird da absolut gar nichts mehr Regeln, weil er eben kaputt ist. Man hat das doch in der Vergangenheit gesehen: Amazon hatte seinen App-Store, der eingestellt werden musste, als Facebook groß wurde gab es dutzende Konkurrenten (Kennt ihr noch "wer-kennt-wen" oder StudiVZ?), die alle kaputt gegangen sind, selbst Google konnte mit all seinem Geld sein Netzwerk nicht durchdrücken. Genauso gab es dutzende Messenger, die alle gescheitert sind und erst nach 3 dutzend Skandalen haben sich Menschen mal von WhatsApp hin zu Signal oder Telegram bewegt. Aber du kannst doch nicht von funktionierendem Wettbewerb reden wenn das Monopol überhaupt nur durch Jahrelange Rechtsverstöße einmal Kratzer bekommt.
Und zur DSGVO: Ich weiß, dass du sie hasst, aber ich sehe das ehrlich gesagt als positiv-Beispiel. Klar nerven Cookie-Banner massiv, aber Fakt ist einfach, dass du jahrelang verarscht wurdest, weil im Hintergrund alles abgeschnorchelt wurde, ohne dass du irgendetwas davon mitbekommen hast. Alles was sich seit der DSGVO geändert hat ist, dass man jetzt sieht, wie scheiße die ganzen Webseiten von Anfang an waren. Natürlich bin ich gegen Cookie-Banner, aber halt dadurch, dass Webseiten endlich aufhören, jeden Scheiß über mich zu speichern.
Klar gibt es bei der Umstellung Reibung und Rechtsunsicherheit. Aber wenn man etwas verbessern will, bleibt das halt nicht aus. Mülltrennung und Recycling ist am Anfang auch eine Umgewöhnung, aber absolut kein Problem mehr, wenn der Prozess einmal abgeschlossen ist und so so sinnvoll. Insofern ist die DSGVO für mich ein Musterbeispiel der Regulierung und ich will mehr davon sehen. (Ich sage nicht das jedes Detail an ihr gut ist, mit SIcherheit nicht. Aber die Idee ist verdammt gut und die Details kann man ausbügeln. Nicht über Nacht, natürlich, das darf man nicht erwarten.).